Vizemeister kommt nach Kirchdorf


Das letzte Spiel in der regulären Saison bestreiten die Wildcats Footballer des TSV Kirchdorf am Samstag zuhause gegen den deutschen Vizemeister Frankfurt Universe.

Kirchdorf Wildcats empfangen Frankfurt Universe
Wildcats - Universe
Bild: Wildcats

Für alle Fans ein Football Leckerbissen, da die Hessen sich durchaus wieder Hoffnungen machen können auch in diesem Jahr wieder in den German Bowl einzuziehen. Obwohl erst vor kurzen Brian Caler als Headcoach sein Amt aufgegeben hat sind die Frankfurter sicher Tabellenzweiter und werden wohl auch gegen die Wildkatzen nichts anbrennen lassen. "Mit Punkten können wir am Samstag nicht wirklich rechnen, wollen aber unseren Fans zum vorläufigen Saisonabschluss noch einmal alles bieten", erklärt Headcoach Christoph Riener und schwört seine Truppe auf das Profiteam vom Main ein.

Zwischen beiden Vereinen liegen Welten. Frankfurt mit seinem klasse besetzten Kader und nach der Insolvenz vom letzten Jahr wieder mit einer Betriebsgesellschaft organisiert hat hier natürlich gegenüber den Niederbayern klar die Nase vorne. Sowohl wirtschaftlich als auch sportlich. Die Wildcats werden dennoch versuchen mitzuspielen und vielleicht gelingt ja eine Überraschung. Rechnen können die Kirchdorfer allerdings nicht damit und wollen sie der Relegation entgehen, müssen sie auf die Munich Cowboys schauen, die ihre letzten beiden Spiele gegen Ingolstadt spielen und keines gewinnen dürfen. In dem Fall muss München in die Relegation und für die Wildcats wäre die Saison zu Ende. "Allerdings spielen die Cowboys erst am 31. August ihr letztes Spiel zuhause und erst dann wissen mehr", bestätigt Präsident Hans-Peter Klein, der zusammen mit seiner Vorstandschaft und allen freiwilligen Helfern dennoch für die Relegation planen muss. Es werden somit noch spannende zwei Wochen für die Niederbayern bevor Klarheit herrscht über den Saisonabschluss als Tabellnesiebter oder dem Gang in die Relegation, die am 21. September mit dem Heimspiel des GFL Teams startet und das Rückspiel am 5. Oktober beim Zweitligisten, derzeit Ravensburg Razorbacks, stattfindet.

TEAMVORSTELLUNG FRANKFURT UNIVERSE

HISTORY
Die Frankfurt Universe wurden 2007 von Fans als Nachfolgeclub des erfolgreichen World-League- bzw. NFL-Europe-Teams Frankfurt Galaxy gegründet und dürfte das wohl einzige Team Deutschlands sein, dass zuerst Fans und dann eine Mannschaft hatte. In der Landesligasaison (5. Liga) 2008 stieg man erstmals in den Spielbetrieb ein und erreichte prompt den Aufstieg in die Oberliga, in der sie 2009 mit der ersten „Perfect Season“ des Vereins Meister wurden. Nach einer Weile in der Regionalliga spielte man ab 2012 für 4 Jahre in der GFL2, um dann seit 2016 fortan Teil der GFL zu werden.

In den bisherigen GFL-Saisonen 2016, 2017 und 2018 erreichte man, jeweils mit einem zweiten Platz in der Südgruppe hinter den Schwäbisch Hall Unicorns, die Play-Offs zum Germanbowl. 2018 scheiterte man sogar erst im Finale denkbar knapp gegen die Unicorns. Zudem konnte man 2016 den Titel in der European Football League gegen die Amsterdam Crusaders erringen.

Neben dem GFL-Team gibt es bei den Universe auch noch 3 Jugend- und ein Flagteam sowie eigene Cheerleader.

Die Wildcats trafen bisher von 2012 bis 2015 acht mal in der GFL2 und dreimal (inklusive Hinspiel in dieser Saison) in der GFL1 auf die Universe.
Die Bilanz: 3 Siege / 8 Niederlagen aus Sicht der Wildcats. Der ehemalige Head Coach der Frankfurter, Brian Caler, war in der GFL2-Saison 2006 der QB der Kirchdorfer, DB #19 Fernando BJ Lowery stieß in der zweiten Saisonhälfte 2017 zu den Wildcats und war einer der Garanten für den Relegationssieg zuhause in Kirchdorf und somit dem Aufstieg in die GFL.


KADER SAISON 2019
Während er fast die komplette Saison 2018 wegen Verletzung aussetzen musste, konnten die Frankfurter durch die erneute Zusage von QB Steve Cluley für 2019 recht früh auf der Spielmacherposition planen – umso wichtiger, da sein letztjähriger Back-Up und deutscher Nationalspieler Sonny Weishaupt nach Frankreich zu den Grenoble Centaures wechselte. Sein Teamkollege und Garant für Laufyards in der Frankfurter Offense, der französische RB Andreas Betza, verließ die Mainmetropole ebenfalls in Richtung Grenoble.Die Footballschuhe komplett an den Nagel gehängt haben die beiden DBs John Tidwell und Kweishi Brown.

Andere wichtige Stützen des Teams aus der vorangegangenen Saison konnten gehalten werden, allen voran einer der besten DBs der Liga, Fernando Lowery (siehe „Imports“), die beiden Defense MVPs der Unicorns aus 2018, DL Marc Anthony Hor (#90, 188 cm / 132 kg) und der Franzose Sergey Souleymanov (#97, 189 cm / 130 kg), die Gomez-Brüder auf der LB-Position, Jhonattan Silva Gomez (#2, 188 cm / 105 kg) und Sebastian Silva Gomez (#1, 180 cm / 85 kg), RB Justin Rodney (#33, 170 cm / 81 kg), der englische WR und Publikumsliebling George Robinson (#3, 191 cm / 90 kg), der schwedische DB Sebastian Gauthier (#5, 183 cm / 88 kg) sowie der finnische WR Sebastien Sagne (#7, 188 cm / 90 kg).

Als Nr.-1-Receiver holten die Universe den USA/UK-Doppelstaatsbürger WR Anthony Brooks (siehe „Imports“). Ebenfalls auf die WR-Position wechselten vom Liga-Konkurrenten Ingolstadt Dukes kommend, Lorenz Regler (#86, 194 cm / 86 kg), sowie während der Saison von den Philadelphia Eagles (!) kommend, der Franzose Anthony Mahoungou (#11, 191 cm / 95 kg) an den Main; Mahoungou stammt aus Paris und spielte u. a. für die Purdue University in Indiana (Big Ten, NCAA Div. I) von wo er als Free Agent zu den Eagles kam und kurz vor Saisonstart 2018 entlassen wurde. Interessanter Neuzugang in der Defense Line ist der Österreicher Felix N’twa (#91, 191 cm / 128 kg, zuletzt Kuopio Stellers und Sejanoki Crocodiles, FIN, zuvor Vienna Vikings, AUT sowie in USA Texas AM Commerce und San Jose City College). Aus Dänemark kam der Offense Liner Joachim Navntoft Christensen (#75, 195 cm / 135 kg, zuletzt Copenhagen Towers, DEN, zuvor Wagner College Seahawks, New York).

Von den Titeln her der überragendste Neu-Frankfurter ist der deutsche Nationalspieler LB Kevin Homri (#51, 180 cm / 103 kg, zuletzt Braunschweig Lions): 5x Deutscher Meister, 3x Eurobowl-Sieger, Vizeweltmeister (World Games 2017), AFVD-Award 2011 „Spieler des Jahres“, 3x Abwehrspieler des Jahres in der GFL. Aus Schweden kommend verstärkt RB Oscar Nevermann (#4, 183 cm / 95 kg, zuletzt University of North Dakota / NCAA I) den Laufangriff der Universe. Der Trend englischer Spieler in der GFL allgemein und bei den Frankfurtern speziell setzt sich auch diese Saison fort, neu bei den Universe ist LB Kadel King (#9, 191 cm / 106 kg, zuletzt Potsdam Royals, zuvor St. Francis Xavier-College, CAN). Mit dem Polen DB Grzegorz Lary (#27, 183 cm / 95 kg, zuletzt Panthers Breslau) holte man sich Verstärkung in der Secondary.

Derzeit sind folgende Imports aus den USA für die Frankfurter aktiv:
- QB Steve Cluley (#16, 191 cm / 98 kg) vom William & Mary College in Williamsburg, Virginia (NCAA Div. I)
- WR Anthony Brooks (#13, 176 cm / 83 kg), zuletzt Seinäjoki Crocodiles, FIN, zuvor Worcester State University in Massachusetts (NCAA Div. III)
- DB Fernando „BJ“ Lowery (#19, 180 cm / 87 kg), u. a. 2016 im erweiterten NFL-Kader der Denver Broncos und zu Ende 2017 bei den Kirchdorf Wildcats
- OL Andrew Ness (#64, 196 cm / 140 kg) von der Northern Illinois University (NCAA Div. I).
- DB Jamarii Milliken (#23, 178 cm / 88 kg), erst vor kurzem von den Dresden Monarchs gekommen, zuvor Furman University in Greenville, South Carolina (NCAA Div. I) – er ist für das Spiel gegen die Wildcats noch nicht spielberechtigt!

Trainerstab
Der bereits seit 2018 für die Universe tätige Head Coach Brian Caler wurde am 06. August 2019 auf eigenen Wunsch von seinen Aufgaben entbunden.
Interim Head Coach / Coordinator: Thomas Kösling
Offensive Coordinator / O-Line-Coach: Patrick Griesheimer
QB: Tim Kleinschrot / RB: Douglas Hacker, Ramin Chaban / WR: Guido Reuels
LB: Martin Latka / DB: Tobias Ochs, Adrian Hensel / DL: Kai Schlegel


STATISTIK
Der Tabellenstand der beiden Teams in der Südgruppe (Frankfurt Platz 2, Kirchdorf Platz 8) sagt eigentlich schon fast alles aus – dennoch lohnt sich ein genauerer Blick in die offizielle GFL-Statistik aller 16 Teams (Nord- und Süd). Die Wildcats haben bereits 13 der 14 regulären Saisonspiele bestritten, die Universe erst 11 von 14 Spielen.

In der Rubrik „Total Offense“ belegen die Mainstädter mit 386.3 Yards / Spiel Platz 4 (Kirchdorf Platz 12 mit 282.4 Yards / Spiel), in „Total Defense“ mit zugelassenen 210.4 Yards / Spiel Platz 1 (Kirchdorf Platz 15 mit zugelassenen 436.2 Yards / Spiel).
In der „Rushing Offense“ können die Kirchdorfer auf Platz 11 (85.5 Yards / Spiel) den Abstand zu den 7.-platzierten Frankfurtern (109.6 Yards / Spiel) noch relativ gering halten, In der „Passing Offense“ haben die Universe auf dem 4. Platz (276.6 Yards / Spiel) die  Nase deutlich weiter vorne als die 11.-platzierten Wildcats (196.6 Yards / Spiel).
Ein Prunkstück der Frankfurter ist die Pass Defense auf Platz 3 (zugelassene 178.0 Yards / Spiel), im Vergleich der 16. Platz der Kirchdorfer (zugelassene 295.5 Yards / Spiel).

Beide Teams sind stark bei „Kickoff Returns“: die Hessen belegen Platz 2 (26.8 Yards / Return), dicht dahinter auf Platz 3 die Niederbayern (26.3 Yards / Return). Starke Leistung des Frankfurter Kickers: 13 von 14 verwandelten Field Goals bedeuten Platz 2 – die Kirchdorfer belegen hier Platz 11 mit 7 von 13 verwandelten Field Goals.

Das Prunkstück der Wildcats, die Defense Line, ist federführend verantwortlich für einen 3. Platz in der Rubrik „Sacks by“: 29 Sacks sorgten für 162 Yards Raumverlust. Die Universe können das mit einem 1. Platz sogar noch toppen und konnten mit 30 Sacks 204 Yards Raumverlust erzielen.

Die statistisch gesehen besten Offense-Einzelspieler der Frankfurt Universe bisher sind RB #33 Justin Rodney (Platz 8 „Rushing“ mit 56.0 Yards / Spiel), QB #16 Steve Cluley (Platz 5 „Passing Average / Game“ und Platz 4 „Pass Efficiency“) sowie der WR #13 Anthony Brooks (Platz 9 „Receptions/Game“ mit 5.5 gefangenen Pässen pro Spiel / Platz 8 „Receive Yards/Game“ mit 78.1 Yards pro Spiel) – nur in der Rubrik „Rushing“ taucht hier ein Wildcats-Spieler auf: RB #4 Alex Braunsperger auf Platz 7 mit 56.6 Yards / Spiel.

Einziger Vertreter der Frankfurter in den Top50 der Rubrik „Tackles“ ist LB #1 Sebastian Silva Gomez (4.6 Tackles/Spiel, Platz 47). Stark vertreten sind hier die Kirchdorfer mit DB #10 Jack Richards (6.7 Tackles/Spiel, Platz 15), LB #8 Anwar Doblinger (5.0 Tackles/Spiel, Platz 36) und DL #94 Shannon Smith (4.6 Tackles/Spiel, Platz 46).

Eine große Gefahr für den gegnerischen QB sind auf Seiten der Frankfurter sind mit bisher 8 Sacks LB #1 Sebastian Silva Gomez (Platz 7), DL #99 Kevin Maier (Platz 11, 7 Sacks) sowie LB #9 Kadel King (Platz 19, % Sacks). Der Kirchdorfer DL #94 Shannon Smith hält mit 10 Sacks sogar Platz 1, DL #99 Kilian Weber liegt mit 7 Sacks auf Platz 9, DL #90 Christoph Asenkerschbaumer mit ebenfalls 7 Sacks auf Platz 14 und DL #75 Christoph Metzl mit 6 Sacks auf Platz 16. Stark in der Rubrik „Passes Defended“ ist bei den Universe der Ex-Wildcats-DB #19 Fernando Lowery (Platz 1), bei den Wildcats DB #10 Jack Richards (Platz 6). Aufpassen muss der Wildcats-Pass-Angriff auch auf die Interceptions-Stärke von Fernando Lowery, ihm gelangen bereits 4 abgefangene Pässe (Platz 8).

SAISONVERLAUF 2019
Nach dem Erreichen des Finales zum German Bowl in der vergangenen Saison hatten sich die Frankfurter für 2019 sportlich die Latte selbst schon sehr hoch gelegt.Trotz der Unsicherheit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ließen sich die Universe-Verantwortlichen nicht davon abhalten, voll für die Saison 2019 zu planen und man erhielt letztendlich auch eine Woche vor dem ersten Liga-Spiel die erwartete GFL-Lizenz für dieses Jahr.

Auch diese Saison peilt man wieder den zweiten Platz in der GFL Süd an und hat bereits vor Saisonende die Teilnahme an den Play-Offs sicher gemacht.
Man verlor im Saisonverlauf – wie letztes Jahr - zweimal gegen Schwäbisch-Hall, das Auswärtsspiel am 11. August verlief aber trotz einer 34:42-Niederlage sehr ausgeglichen. Nachdem bisher alle anderen Spiele gewonnen wurden, scheint es sehr unwahrscheinlich, dass Frankfurt sich den derzeit sicheren 2. Tabellenplatz noch streitig machen lässt.

Nach dem Auswärtsspiel in Kirchdorf müssen die Frankfurter noch zu den zu Saisonbeginn stark aufspielenden, zuletzt aber eher harmlosen Stuttgartern, als Saisonabschluss folgt zuhause das Hessen-Derby gegen die Marburg Mercenaries, welches die Universe auswärts im ersten Saisonspiel nur denkbar knapp mit 20:14 gewinnen konnten.

Zwar fielen die Siege der Frankfurter in diesem Jahr insgesamt nicht so deutlich aus wie 2018, aber man hat sich während der Saison – vermutlich in Hinblick auf die Play-Offs zum German Bowl - noch weiter gezielt und sehr hochkarätig verstärkt.So scheint es unwahrscheinlich, dass den Hessen im Saisonfinale die Luft ausgehen könnte und auch das absolute Ziel, der German Bowl, ist trotz Abonnement-Meister Schwäbisch Hall und den starken Nord-Teams Braunschweig und Hildesheim durchaus vorstellbar.

Für die Wildcats ist auch dieses Heimspiel ein weiteres Schicksalsspiel in Hinblick auf den Klassenerhalt. Ein Punktgewinn gegen die auf dem Papier übermächtigen Frankfurter würde das Relegationsgespenst in weite Ferne schieben. Bei einer Niederlage müsste man weiter auf Schützenhilfe aus Ingolstadt hoffen. Das mit 31:17 verlorene Hinspiel in Frankfurt war zwar knapp, die Wildcats verkauften sich teuer, aber der Sieg der Hessen war letztendlich dennoch ungefährdet. Überregionale Aufmerksamkeit erhielt das Spiel vor gut vier Wochen durch die lange Spielunterbrechung aufgrund einer Wirbelsäulenverletzung des Wildcats-DB #43 Maxi Langbauer, der mittlerweile aber wieder genesen und zurück auf dem Spielfeld ist.
Die spontane und faire Aktion der Frankfurter, die ein Spalier für den verletzten Spieler beim Abtransport vom Spielfeld bildeten, fand viel positiven Zuspruch in Football-Deutschland.

 

 

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